Pixeltänzer

von Berit Glanz

3 minute read

Pixeltänzer von Berit Glanz

Die ersten Seiten von Berit Glanz' Debütroman, mit dem technisch-verträumten Titel Pixeltänzer, werfen die Leser*innen in die Start-Up Szene. Seitenlang wird ein junges Berliner Start-Up vorgestellt und jeder, der ansatzweise einen Blick in diese Szene dynamischer, technikorientierter Unternehmen geworfen hat, erkennt alles, sofort; man wird damit fast schon überrollt. Kurz könnte man Angst bekommen, dass es jetzt ein schneller Ritt in popliterarischer Manier wird, aber mit jeder Seite und jeder Annäherung an die Hauptfigur wird man tiefer in die ausgefeilten Details der Geschichte hineingezogen – und begeistert.

Zusammen mit Elisabeth, genannt Beta – ihres Zeichens Beta-Testerin in jenem IT-Start-Up (hier alle Wortwitze einfügen) –, verlassen die Leser*innen nach und nach die durchtechnisierte Welt und tauchen mit ihr ein in eine ganz andere Welt: in die Vergangenheit.

Über eine neue App, die Menschen auf der ganzen Welt für 3-minütige Weckanrufe anonym miteindander verbindet, wird Beta von einem User namens Toboggan angerufen. Am Ende des Gesprächs fragt sie noch, was für ein fremdartiges Wesen auf seinem Avatar abgebildet ist. Er hüllt sich jedoch in Schweigen und verlässt das Gespräch schließlich mit einem kleinen Hinweis. Beta, die dieses Bild und diese stimmliche Begegnung nicht mehr loslässt, beginnt sich auf die Suche zu machen. Sie wird dabei immer weiter in eine fast 100 Jahre alte Geschichte gezogen, die fortan ihre Gedanken begleitet. Mehr noch: Die Geschichte webt sich in ihr Leben und sie beginnt vor diesem Hintergrund auch ihr eigenes zu reflektieren. Dabei nutzt sie alle zur Verfügung stehende Technik – insbesondere ihren 3D-Drucker. Mit Beta steigen Leser*innen in ein dichtes Wissensnetz ein, dass sich unsichtbar und digital um uns herum befindet. Sie geht Pfaden nach, spürt an der Schnittstelle zwischen Greifbarem und Digitalem.

In Pixeltänzer werden wesentliche Themen aufgegriffen und miteinander vernetzt. Sei es das Arbeitsleben, das digitalisiert und durchoptimiert wird oder unser Privatleben, das von technischen Hilfsmitteln bestimmt wird oder ganz einfach die Möglichkeit, die das Internet bietet, um Wissen zu erschließen und zu vertiefen. Und nicht zuletzt wird deutlich gezeigt, dass alte Geschichten nicht bedeutungslos werden, dass sie noch immer in unsere Zeit gehören, dass sie ihren Platz in diesem Wissensnetzwerk haben.

Faszinierend ist, wie es Berit Glanz gelingt, dass die verschiedenen Welten miteinander in Interaktion treten. Auf der einen Seite ist unser technisierter und digitalisierter Alltag und auf der anderen Seite tauchen wir tief in eine Geschichte aus der Vergangenheit ein. Die Technik wird nicht zugunsten einer vergangenen Geschichte beiseite geschoben; die Technik ist der Anlass und das Mittel diese spezielle vergangene Geschichte zu erschließen.

Bibliographische Angaben

Berit Glanz: Pixeltänzer. Roman. 250 Seiten. Erschienen 2019 bei Büchergilde Gutenberg in Frankfurt am Main, Zürich, Wien; mit Genehmigung von Schöffling & Co. ISBN: 9783763271719.